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Eröffnung Kaufhaus Bormass

1904
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Julius Bormass schließt sein Geschäft im Haus in der Kirchgasse 44 / Ecke Hochstätte wegen Umzugs in das neu errichtete Kaufhaus gegenüber am Mauritiusplatz. Ca. 1894 wurden die Hausnummern geändert, bis dahin fand man deas Kaufhaus Bormass unter der Nummer 30.

Siehe dazu auch:
https://nowhereland.de/blog/?post=durchbruch-der-hochstätte
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Der gesamte Häuserblock
Aufnahme aus den 60er Jahren von Willi Rudolph. Julius Bormass' Warenhaus war auf der linken Seite (Hako)
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In diesem Haus befand sich das erste Warenhaus Bormass vor der Eröffnung des legendären neuen Gebäudes am Mauritiusplatz.
Leider existieren keine Aufnahmen des alten Geschäfts. Auf der rechten Seite befand sich Caspar Führers Riesen-Bazar.

Der Wiesbadener General-Anzeiger kommentiert:

Der imposante Neubau des Bormaß’schen Warenhauses, der sich am Mauritiusplatz gegenüber der Mauritiusstraße mit seinem Kuppelbau erhebt, erweckt gegenwärtig das lebhafte Interesse aller Straßenpassanten. Der Bau zeigt sich wirklich in einer imponierenden Größe und das rege pulsierende Leben, welches in und um den Bau herrscht, zieht die Aufmerksamkeit unwillkürlich auf sich. Den Vorschriften entsprechend ist der Warenhausbau eine vollständige Eisenkonstruktion, die von einer Hannoverschen Firma geliefert wurde. Den inneren Eisenausbau hat die Maschinenfabrik Wiesbaden hergestellt, wie überhaupt bei dem Bau meist Wiesbadener Unternehmen beteiligt waren. Das ganze riesige Gebäude wird durch insgesamt 96 elektrische Bogenlampen erleuchtet und wird innen und außen in einem Meere von elektrischem Licht erstrahlen. In den Parterreräumen und in drei Etagen sind die Verkaufsräume auf das zweckmäßigste eingerichtet. Im vierten Stockwerk befindet sich der Lagerraum. Die große Kuppel, die sich auf dem Gebäude nach der Langgasse zu erhebt, und die fast einem Luftballon gleicht, hat 5 Meter im Durchmesser und wird abends durch sieben elektrische Bogenlampen erleuchtet. Der Name der Firma Bormaß erstrahlt dabei in der Mitte der Kugel weithin sichtbar im roten Lichte. Die sämtlichen Etagen des Warenhauses sind durch Telefonanlagen verbunden. Auch sind in jeder Etage Nothausgänge zweckmäßig angelegt. Für das Personal befindet sich im Souterrain eine Kantine, in der den Angestellten von der Firma Erfrischungsgetränke zum Einkaufspreis abgegeben werden. Wie die Leser auch aus dem Inseratenteil ersehen können, bietet im Übrigen das Warenhaus Bormaß alles, was ein modernes Warenhaus zu bieten vermag, nämlich so ziemlich alles, was das Herz begehrt. – Die Eröffnung des Geschäftes erfolgt morgen, Samstag Abend, 6 Uhr.

WGA 4. Oktober 1904



Der Humorist Wolff-Scheele ist ein Humorist wie er sein soll. Seine Vorträge sind zeitgemäß und originell und dabei auch interessant. Die zwei Stunden vorher erfolgte Eröffnung des Bormaß'schen Warenhauses hatte der Humorist bereits in sein Repertoire aufgenommen. Er meinte „wenn jemand zu Tod gedrängt wird von den Massen, der könne sich bei Bormaß mit Rabatt begraben lassen.“

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Am Samstag Abend wurde das neu erbaute Bormaß’sche Warenhaus am Mauritiusplatz eröffnet. Es war vorauszusehen, daß bei dieser Eröffnung eine ungeheure Menschenmenge angelockt werden würde, aber dennoch hatte man wohl kaum einen derartigen Andrang erwartet. Mehrere Tausend Menschen umstanden das imposante Gebäude und in den umliegenden Straßen und auf dem Mauritiusplatz da wogte nur so der Menschenstrom hin und her. Der Verkehr in der um diese Zeit ohnehin schon stark bevölkerten Kirchgasse war fast unterbrochen. Nur mit Mühe konnte der Wagenverkehr aufrecht erhalten werden. Da, um 6 Uhr sollte die Eröffnung vor sich gehen. Man war aber offenbar im Inneren des Hauses noch nicht ganz fertig und deshalb verzögerte sich die Sache etwas. Mit einem Male erhob sich ein kolossales Geschrei.

Die Menge schrie hurra! Und warum? Der Bormaß’sche Reklamewagen erschien auf der Bildfläche.
Langsam verhallte der Lärm, bis er sich wieder von Neuem erhob. Die Menge wurde ungeduldig. und schließlich gegen 17 Uhr wurde unter Drängen und Schieben und Gröhlen Der Rolladen am Eingang des Hauses in die Höhe gezogen, für die direkt am Laden stehende Jugend war das natürlich ein Haupt-Gaudium. Eine ungeheure Menge von Leuten schob sich in das Innere des Gebäudes, das trotz seiner Geräumigkeit in allen Etagen gefüllt wurde. Das gesamte, ziemlich zahlreiche Personal hatte sofort alle Hände voll zu tun.

Die getroffenen Sicherheitsmaßregeln erwiesen sich als ausreichend. In jeder Etage hatte man zur Aufrechterhaltung der Ordnung einen Feuerwehrmann aufgestellt. Im Ganzen waren 1 Oberfeuerwehrmann und 3 Wachtmänner dienstlich in dem Gebäude. Sie hatten aber keine Ursache einzuschreiten. Dieser riesige Verkehr, dieses Hin- und Herwogen und das Ein- und Auslaufen des Publikums glich förmlich dem Leben in einem Bienenstock. Inzwischen war hoch oben auf dem Neubau die große Kugel erleuchtet worden, was beim Publikum auf der Straße wiederum Anlass zu einer Ovation gab. Auf der Straße zog aber die Masse noch lange immer auf und ab und auch am Sonntag war ein gleich starker Verkehr zu verzeichnen. Beachtung fanden dabei besonders auch die prächtigen Auslagen in den großen Schaufenstern, Wie schon mitgeteilt, sind in dem Hause im Ganzen 96 Bogenlampen vorhanden. Außerdem aber sorgen auch noch gegen 200 elektrische Glühlampen für die nötige Erleuchtung.
Die elektrische Anlage ist nach den Vorschriften des Verbandes der deutschen Elektrotechniker unter Berücksichtigung der Vorschriften des Verbandes der deutschen Feuerversicherungsgesellschaften von der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. Lahmeyer, hier, angefertigt worden. Die Arbeiten wurden unter Leitung des Herrn Ingenieurs Reuthe so gefördert, daß in dem kurzen Zeitraum von 6 Wochen die Anlagen betriebsfähig waren.
Die ganze elektrische Anlage kostet 20.000 M. Die Firma Bormaß hat sich auch verpflichtet, jährlich für 20.000 M Strom abzunehmen, um den billigeren Stromtarif zu erhalten.
Besonders interessant nehmen sich die Tombak-Bogenlampen vor den Schaufenstern aus.
Am gestrigen Sonntag gab nun die Firma den bei dem Bau beteiligt gewesenen Baumeistern, Architekten, Bauführern, und Bauhandwerkern ein Festessen im „Europäischen Hof“. Das Essen fand im kleinen Kreise statt. Außer der Famifie Bormaß (auch die Eltern des Geschäftsinhabers waren anwesend) war der Geschäftstheilhaber Herr Grätz, und die ersten Beamten des Geschäftes, sowie die genannten BauIeute zugegen. Die Veranstaltung nahm aber einen recht animierenden und freudigen Verlauf. Herr Bormaß hieß bei Beginn des Essens die Erschienenen bestens willkommen und darauf sprach im Namen der Bauleute Herr Architekt Friedrichs. Er wies darauf bin, daß die Warenhäuser eine Unmenge von Feinden haben. Aber Jeder, möge er auch ein noch so großer Gegner der Warenhäuser sein, müsse doch wohl die Energie und die Tatkraft der Geschäftsinhaber anerkennen. Er wünsche, daß die Tatkraft belohnt werde und schloss mit einem Hoch auf das Haus Bormaß. In ähnlichem Sinne sprach auch noch einer der beteiligten Handwerksmeister. Eine ganze Reihe weiterer Reden folgte natürlich noch, bis man sich in vorgerückter Stunde trennte. Küche und Keller im Europäischen Hof ließen selbstverständlich nicht zu wünschen übrig. Erwähnt sei auch noch, daß der Firma Bormaß anläßlich der Eröffnung des neuen Hauses mehrere hundert Glückwunschtelegramme zugegangen sind.
Wie auch während des Festessens betont wurde, ist das Haus Bormaß nunmehr in eine neue Geschäftsepoche eingetreten.
Vor 14 Jahren wurde hier in Wiesbaden das Geschäft unter kleinen Verhältnissen eröffnet. Heute ist der Prachtbau aufgestellt, in dem sich nunmehr das rege Leben des Warenhaues abspielen wird.

WGA 6. Oktober 1904
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